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Traditionen aus aller Welt: Bloomsday

Gegrilltes Hammelfleisch auf der Grünen Insel – der Bloomsday ist da!

16. Juni. Seltsam gekleidete Gestalten bewegen sich durch Dublins Straßen. Einige solcher Gestalten in der irischen Hauptstadt richten sich nach modernen Stadtplänen, die nicht so Recht zu ihrer altmodischen Tracht passen wollen; andere sind beim Gehen komplett in ein Buch vertieft. Ab und zu zeigen sie aufgeregt auf ihren Stadtplan. Ohne weitere Umstände werden die Kneipen, Häuser oder Parks betreten. Manchen sieht man beim Verlassen der Kneipen an, dass sie dem Alkohol zugesprochen haben. Ab und zu versammeln sich diese eigenartigen Kreaturen und lauschen begierig demjenigen, der ein Taschenbuch hevorgeholt hat und nun daraus vorliest… und der Kenner weiß, dass die vorgelesenen Worte aus dem Werk Ulysses von James Joyce stammen.

Das Benehmen der Iren kommt dem Kenner dann gar nicht mehr so seltsam vor, denn die Grüne Insel feiert den Bloomsday. „Bloomsday? Was ist denn das?“ möchten Sie wissen? Der Bloomsday findet jährlich am 16. Juni statt. Man ehrt damit Ulysses, das wohl berühmeteste Werk des großartigen irischen Schriftstellers. In diesem Werk wird einen Tag im Leben der fiktiven Hauptfigur Leopold Bloom beschrieben. Alle Orte, die die seltsam verkleideten Gestalten also gerne aufsuchen, werden in Ulysses beschrieben.

James Augustine Aloysius Joyce (was für eine Name!) wurde am 2. Februar 1882 als ältestes Kind einer großen Familie geboren. Er war ein wahres Vorbild was Sprachen anging und beherrschte Englisch, Gälisch, Französisch, Deutsch, Neugriechisch und Italienisch. Auch in Hebräisch, Russisch, Japanisch, Chinesisch und Finnisch versuchte er sich. Sein bedeutendstes Werk, Ulysses, wurde nach mehreren Hindernissen endlich im Februar 1922 veröffentlicht.

 

Der Bloomsday wird in Irland zur Tradition

„Und was hat es nun genau mit dem Bloomsday auf sich?“ Vielleicht erinnern Sie sich noch an das Datum, das am Anfang dieses Blog-Eintrags stand und fragen sich, was am 16. Juni so besonders ist. Die wahrscheinlichste der vielen Theorien ist, dass Joyce an eben diesem Datum im Jahr 1904 sein erstes Rendezvous mit seiner zukünftigen Frau Nora hatte. Der 16.6.1904 ist ebenfalls der Tag, der in Ulysses beschrieben wird. Auch beruflich war dieses Jahr für Joyce wichtig: 1904 begann er, an seiner Kurzgeschichten-Sammlung Dubliners zu arbeiten und verließ Irland, um in Paris zu studieren. 1929 wurde Bloomsday das erste Mal richtig gefeiert. Die Vorbereitungen zu dem Event, welches in Frankreich stattfand, wurden von Adrienne Monnier getroffen. Sie war Partnerin von Sylvia Beach, die Ulysses erstmals veröffentlichte.

In Irland wurde der erste Bloomsday 1954 begangen, als die Schriftsteller Patrick Kavanagh und Flann O‘Brien durch die Gegend spazierten, an Ulysses-Standorten halt machten und aus dem Werk vorlasen. Na ja, wahrscheinlich torkelten sie am Ende eher, hatten sie doch auf ihrer Reise nicht wenig getrunken!

Und wie wird diese Tradition heute gefeiert? Selbstverständlich hat James Joyce auf der Grünen Insel viele Fans, und in Dublin sorgen diese eine ganze Woche lang vor Bloomsday für Stimmung. Wie schon erwähnt verkleiden sich Fans gern im damaligen Stil aus der Zeit Eduards VII., lauschen Vorlesungen, wandern durch Dublins Straßen, trinken – und setzen sich zum gemeinsamen Frühstück zusammen, welches vom James Joyce Centre organisiert wird. Doch Achtung! Bei diesem Frühstück müssen die Zutaten stimmen, denn man muss unbedingt so speisen, wie es die Figuren in Ulysses taten – also her mit der Niere!

So, liebe Leser, da haben Sie es also. Jetzt wissen Sie, warum die Iren es sich einmal im Jahr zum Bloomsday zur Tradition gemacht haben, ihre Hauptstadt mit Aktivitäten, die dem nichtsahnenden Besucher etwas merkwürdig vorkommen könnten, ‚unsicher‘ zu machen. Wer weiß – mit diesem neugewonnenen Wissen in der Tasche zieht es vielleicht auch Sie zum Bloomsday auf die Grüne Insel!