Seht, auf unserer Diele steht weiß gekleidet mit Licht im Haar
Lucia, heilige Lichtbringerin, Lucia. Die Dunkelheit soll fliehen jetzt aus den Tälern der Erde:
ein vorweihnachtlicher Einblick in skandinavisches Brauchtum
Licht ist Mangelware im europäischen Dezember. Nicht ohne Grund haben in diesem Monat Kerzen und Lichterketten Hochkonjunktur, versuchen die Menschen alles, um sich mit Lichtquellen aller Art durch die dunkle Jahreszeit zu retten. Nirgendwo wird das deutlicher als in Skandinavien, wo kurz vor Weihnachten zwischen Sonnenauf- und Sonnenuntergang nur sehr wenige Stunden liegen. Hier werden Sonne und Helligkeit nicht nur im Juni während der Mittsommersonnenwende ausgiebig gefeiert.
Der 13. Dezember in der schwedischen Weihnachtskultur
Der 13. Dezember, auch Luciatag, steht genau sechs Monate nach Mittsommer für das vielleicht besonders skandinavische Bedürfnis nach Licht und Erleuchtung in einem der dunkelsten Monate des Jahres. Das Datum kommt nicht von ungefähr: Nach altem julianischen Kalender galt der 13. Dezember bis Ende des 16. Jahrhunderts als Tag der Wintersonnenwende, als kürzester Tag im Jahr.
Besonders in Schweden haben sich an diesem Tag spezielle Rituale entwickelt: Die traditionelle Hauptrolle im Lichterfest kommt der ältesten Tochter in der Familie zu, die in einem weißen Gewand und einem Kranz mit Kerzen auf dem Kopf die Eltern und Geschwister morgens weckt und traditionelles Weihnachtsgebäck, das mit Safran gewürzte Hefegebäck „lussekatter“, überreicht. Später führt sie eine Prozession weiterer, ähnlich gekleideter Mädchen an, besucht soziale Einrichtungen, wie Krankenhäuser und Altenheime, und sammelt Geld für karitative Zwecke.
Von Sizilien nach Schweden – eine italienische Heilige erobert den Norden Europas
Dass ausgerechnet eine heiliggesprochene Märtyrerin aus dem Süditalien der frühen Christenheit den Grundstein für die vorweihnachtliche Tradition im hohen Norden gelegt haben soll, mag erstaunen. Dennoch deutet einiges darauf hin, dass der Ursprung des Festes auf Lucia von Syrakus zurückgeht. Das Leben der heiligen Lucia („die Leuchtende“) liest sich wie das einer typischen Märtyrerin. Im 3. Jahrhundert nach Christus geboren, soll sie nach einer Wallfahrt zugunsten ihrer kranken Mutter die geplante Hochzeit mit ihrem heidnischen Verlobten abgesagt und konvertiert sein. Sehr zum Ärger des Bräutigams, der sie anklagte und ihr Martyrium auslöste. Doch keine Strafen und Qualen konnten der konvertierten Christin etwas anhaben. Stattdessen verschrieb sie sich dem christlichen Gedanken der Nächstenliebe, verschenkte ihr Geld an Arme und versorgte verfolgte Christen in ihren Verstecken mit Nahrung und Wasser. Hier findet sich ein weiterer Berührungspunkt mit der heutigen Tradition des Kerzenkranzes: Um beide Hände für ihre Aktionen in den unterirdischen Verstecken der Christen frei zu haben, soll Lucia einen Kranz aus brennenden Kerzen getragen haben.
Lucia und Schweden heute
Auch wenn die sizilianische Heilige und ihre Geschichte mit ihrer Popularität im protestantisch geprägten Skandinavien scheinbar nicht in Einklang zu bringen sind, so ist das Luciafest aus Schweden doch heute nicht mehr wegzudenken. Längst hat auch die Medienwelt das Potenzial des Luciafestes erkannt: Bereits einige Wochen vor dem 13. Dezember wird im Fernsehen die Luciakönigin gekürt, die anschließend gleich einer Prominenten ganz Schweden und das Ausland bereist. Immer mit einer Aufgabe im Gepäck: Licht, Freude und Nächstenliebe in die vorweihnachtliche Welt zu bringen und damit auf das nahende Weihnachtsfest einzustimmen.