Unsere Projektmanagerin Barbara Poltrock gilt als eine der größten Buchliebhaber*innen innerhalb der Sprachenfabrik. Regelmäßig gibt sie ihre Begeisterung für dieses gedruckte Medium mit kreativen Ideen und persönlichem Einsatz an kleine Leseratten (und solche, die es werden wollen) weiter. Jetzt konnte sie endlich einmal wieder vor Ort aktiv werden und teilt ihre Gedanken zum Thema.
Wie man an ein Ehrenamt kommt
„Zeit ist unser knappstes Gut!“ ist ein Lieblingsspruch meines Mannes – und er hat durchaus recht: Beruf, Kind sowie Haus und Garten haben den Alltag fest im Griff. Und auch am Wochenende geht es zum Handballspiel des Sohnes, der Putzlappen kommt zum Einsatz oder, oder, oder. Wir haben zwar nur ein Kind (bzw. ein Präpubertier) aber die Zeit rast trotzdem nur so an einem vorbei – da bleibt kaum Zeit für Freunde, sich selbst oder geschweige denn für ein Ehrenamt!
Ich bin dennoch immer wieder irgendwie in so ein Amt hineingeraten. Mein Mann kann meinen Eifer in solchen Dingen nicht nachvollziehen. Vermutlich stammt es aus meiner Zeit als Au-pair in Amerika: In den USA hat das „Volunteering“ eine lange Tradition und ich fand es schon damals einfach klasse, wie die Leute sich in den unterschiedlichsten Bereichen für das Gemeinwohl engagieren: ohne zu Murren und mit einer großen Selbstverständlichkeit. Somit war es kein Wunder, dass ich Volleyball-Coach für meine Au-pair-Jungs wurde, im Altenheim mit Bewohner*innen Bingo gespielt habe und bei einer Opferschutzorganisation im Büro geholfen habe.
20, 30 Jahre später habe ich eine Kinderturngruppe auf die Beine gestellt, im Kindergarten und der Grundschule mit den Kids gebacken und mich als Klassen- und Schulpflegschaftsvorsitzende engagiert. Auch wenn mir das immer viel Spaß gemacht hat, war es stets kräftezehrend und zeitintensiv und nicht ohne Konflikte mit der Familie, sodass ich kürzergetreten bin.
Wofür mein Herz schlägt
ABER, es gibt eine Sache, die ich seit einigen Jahren durchziehe und die mir seit jeher am Herzen liegt: Zweimal im Jahr lese ich Kindern vor – zuerst in der damaligen Kindergartengruppe meines Sohnes, später dann in seiner Grundschulklasse – und dieses Jahr habe ich das erste Mal „fremden“ Kinder in der Grundschule vorgelesen. Die Anlässe sind der bundesweite Vorlesetag im November und der Welttag des Buches im April. Diese festen Termine bieten sich einfach an, um dieses faszinierende Medium in Szene zu setzen und um kleine Menschen dafür zu begeistern. Rund um das Buch habe ich schon gemeinsam mit Lehrern und Eltern tolle Aktionen durchgeführt und nicht nur gelesen: Wir haben eine Rallye in der Buchhandlung gemacht, Bilderbuchkinos veranstaltet, an ungewöhnlichen Orten in der Schule gelesen, haben Comics gezeichnet, waren aktiv mit Bewegungsgeschichten und haben bei einer gruseligen Lesenacht in der Schule übernachtet – nur der Besuch in einer Druckerei fiel leider dem ersten Lockdown zum Opfer.
Umso mehr habe ich mich gefreut, am vergangenen Freitag, dem diesjährigen Vorlesetag, endlich wieder vor Zweitklässlern zu lesen, denn bislang war deren Schulzeit wenig geprägt von solchen Ereignissen. Die Kinder der Eulen- und Mammutklasse hatten viel Spaß an den Geschichten und haben begeistert Rätsel beim Bilderbuchkino gelöst, sodass die Lehrerinnen und ich schon eine neue Aktion im April planen.
Bücher haben mich mein Leben lang geprägt, sowohl privat als auch beruflich, und ich freue mich immer, wenn man Kinder und Erwachsene ebenso für die Magie der Bücher begeistern kann – mit einem Zeitaufwand, den man zweimal im Jahr wunderbar einplanen kann. Ich wünschte, dass es mehr Leute gäbe, die sich aufraffen und sich ein wenig Zeit für ein kleines Ehrenamt nehmen oder bei einer Aktion mitmachen – auch wenn Zeit unser knappstes Gut ist!