English is easy – oder nicht?
Obwohl die englische Sprache durch ihren simplen Satzbau und die ziemlich regelmäßige Grammatik zu einer der leichteren Sprachen für Neulernende zählt, können insbesondere die Aussprache und die Rechtschreibung für Verwirrung sorgen. Schaut man sich die Wörter though, tough, bough und cough einfach nur an, sollte man meinen, dass sie sich reimen, sie werden ja schließlich gleich geschrieben. Aber falsch gedacht: keine Reime zu finden. Obwohl die vier Buchstaben -ough in jedem einzelnen Wort vorkommen, werden sie völlig unterschiedlich ausgesprochen.
Du studierst was?
Mein Name ist Carolin und ich bin die aktuelle Praktikantin im Bereich Projektmanagement. Ich studiere British and American Studies im Master an der Universität Bielefeld oder zu Deutsch: Anglistik. So ziemlich jede Person, der ich von meiner Studienwahl erzähle, hat dann erst einmal ein großes Fragezeichen im Gesicht. Die Meisten denken direkt an den Lehrberuf, die Wenigsten können sich auch nur ansatzweise etwas unter dem Fach vorstellen. Aus diesem Grund gibt es heute eine kleine Exkursion in die Anglistik, um genauer zu sein in die englische Linguistik bzw. Sprachwissenschaft.
Englisch und seine Ungereimtheiten
Der Twitteruser @iowahawkblog hat es ganz richtig erkannt: English can be weird. Nicht nur die Buchstabenkombination
-ough ist knifflig. Gleiches gilt für den Buchstaben O: Spricht man die Wörter wolf, move, old, son, dog und oblige aus, merkt man, dass es für diesen einzelnen Buchstaben sechs verschiedene Sprecharten gibt.
So unlogisch und chaotisch das auch scheinen mag, tatsächlich gibt es einen guten Grund für diese Diskrepanz zwischen Rechtschreibung und Aussprache; und der liegt in der Historik. Die Geschichte der englischen Sprache wird grob in vier Phasen eingeteilt: Altenglisch, Mittelenglisch, Frühneuenglisch und Neuenglisch. Diese Phasen unterscheiden sich enorm hinsichtlich Wortschatz, Grammatik und Phonologie bzw. Aussprache.
Die Bedeutung des Buchdrucks
Im 15. Jahrhundert wurde Mittelenglisch gesprochen. In dieser Phase brachte William Caxton den Buchdruck nach England. Man begann Werke in derselben Form zu reproduzieren und standardisierte dadurch die Rechtschreibung, die der Aussprache des Mittelenglischen entsprach. Seitdem gab es kaum Veränderungen hinsichtlich der Orthographie. Die mittelenglische Schreibweise entspricht also der neuenglischen Schreibweise, die wir heutzutage verwenden. Allerdings entspricht unsere heutige Aussprache nicht mehr der mittelenglischen Aussprache.
Wieso sich though, tough, bough und cough nicht reimen
Es gab wesentliche Veränderungen im Bereich der Phonologie, unter anderem die Frühneuenglische Vokalverschiebung (Great Vowel Shift), die zur Folge hatte, dass alle langen Vokale anders ausgesprochen wurden. So wurde das Wort child damals mit einem langen i gesprochen, vergleichbar mit der Aussprache des deutschen Worts Igel. Das erklärt wieso child mit i geschrieben wird, obwohl die Aussprache [aɪ] ist. Außerdem ist diese Verschiebung der Grund, weshalb sea und see oder peace und piece zwar gleich ausgesprochen, aber ungleich geschrieben werden. Zwei unterschiedliche Vokale aus dem Mittelenglischen haben sich in denselben Vokal im Neuenglischen entwickelt.
Rechtschreibreform? Eher nicht
Diese und weitere Phänomene der Phonologie, die keine Anpassung der Orthographie mit sich brachten, sind für die Diskrepanz zwischen Rechtschreibung und Aussprache verantwortlich und somit auch dafür, dass viele Nicht-Muttersprachler an den Rand der Verzweiflung gebracht werden. Tatsächlich gab es schon einige Versuche das Rechtschreibsystem zu reformieren, um eine eins-zu-eins Korrespondenz zu erreichen. Die waren jedoch alle erfolglos, also müssen wir wohl oder übel weiterhin mit der Unstimmigkeit zwischen Rechtschreibung und Aussprache leben. Aber hey: English can be understood through tough thorough thought!
Anglistik studieren
Trotz oder vielleicht sogar gerade wegen solcher scheinbaren Unsinnig- und Widersprüchlichkeiten ist die englische Sprache äußerst spannend. Das Anglistik-Studium gewährt tiefe Einblicke in Sprach-, Kultur- und Literaturwissenschaft und hilft dabei, aktuelle Sachverhalte zu verstehen. Ich bin sehr glücklich mit meinem Studienfach und freue mich den vielen fragenden Gesichtern, die ich in Zukunft noch sehen werde, sobald ich mein Studium erwähne, diesen Blogbeitrag zu empfehlen 😉