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(Mein) ERASMUS-Semester im zweitglücklichsten Land der Welt

Hallo, liebe Blogleser*innen! Mein Name ist Jana Ickstadt und ich bin die aktuelle Praktikantin im Bereich Projektmanagement in der Sprachenfabrik. Mitte März habe ich meine Masterarbeit im Fach Linguistik zum Thema Ärzt*innen-Patient*innen-Kommunikation an der Universität Bielefeld abgegeben. Das bedeutet: Mein Leben als Studentin ist vorbei und das Arbeitsleben beginnt. Sofern ich an dieser Stelle mein gesamtes Studium Revue passieren lasse, kristallisiert sich mein ERASMUS-Semester in Dänemark als mein persönliches Highlight heraus.

ERASMUS – Was ist das?

ERASMUS steht für „European Community Action Scheme for the Mobility of University Students” und ist ein Förderprogramm der Europäischen Union für Studierende, die während ihres Studiums ein Auslandssemester an einer europäischen Partnerhochschule absolvieren möchten. Aber auch Auslandspraktika bei einem europäischen Unternehmen werden von ERASMUS gefördert. Das Programm setzt sich demnach für den akademischen Austausch über die eigenen Landesgrenzen hinweg ein, fördert den Abbau von nationalen Bildungsgrenzen und bietet eine gute Gelegenheit für Studierende, Auslandserfahrungen zu sammeln.

Die Vorteile des ERASMUS-Programms sind vielfältig. Nicht nur werden Studierende bei der Organisation ihres Auslandsaufenthaltes unterstützt, sondern auch die Anrechnung ihrer akademischen Leistungen aus dem Ausland verläuft an ihrer Heimathochschule relativ unkompliziert. Ebenso fallen die Studiengebühren an den Hochschulen im Ausland weg und Studierende erhalten eine monatliche finanzielle Förderung.

Glück in Dänemark

Da ich schon immer gerne eine längere Zeit im Ausland verbringen wollte, hat sich ein ERASMUS-Semester im Studium geradezu angeboten. Innerhalb der aufgeführten Partneruniversitäten meiner damaligen Universität in Marburg habe ich mich für Dänemark beworben und im Wintersemester 2018/2019 einen Platz an der Universität in Aarhus (zweitgrößte Stadt in Dänemark) erhalten.

Dänemark liegt nach dem „World Happiness Report“ auf Platz zwei der glücklichsten Länder der Welt. Ob dieser Report tatsächlich den Glückszustand der Menschen widerspiegelt und ob ein Zustand wie Glück überhaupt messbar ist, sei an dieser Stelle dahingestellt. Allerdings habe ich während meines Auslandssemesters in Aarhus einen immensen Unterschied bezüglich Mentalität und Lebensweise festgestellt und hatte durchaus das Gefühl, dass die Menschen dort ein Stück weit zufriedener und ausgeglichener sind.

Hygge

Sobald ich mich nach der ERASMUS-Zusage mit Dänemark beschäftigt hatte, ist mir das Wort „Hygge“ mehrfach über den Weg gelaufen. Zwar kann man das Wort als „Gefühl von Ruhe, Gemütlichkeit und Wohlbehagen“ übersetzen, jedoch trifft die Übersetzung nicht gänzlich das Konzept von Hygge. Man kann es mehr als eine Art Lebensweise oder Lebensgefühl verstehen. Für die dänische Bevölkerung stellt es keinesfalls ein kommerzielles Konzept dar, wie es teilweise in anderen Ländern vermarktet wird. Es geht weniger um materielle Dinge als um Atmosphäre und Erleben. So kann ein lustiger Abend mit Freunden bei gutem Essen und Kerzenschein ein Inbegriff von Hygge sein, aber auch der Marktgang am Wochenende samt Kaffeepause und „Kanelsnegle“ (dänische Zimtschnecke); auch die zelebrierte Morgenrunde auf der Arbeit mit Kolleg*innen kann „hyggelig“ sein. Definitiv verstehen es die Däninnen und Dänen, sich stets in eine positive Stimmung zu versetzen. Sie zelebrieren die kleinen Dinge des Lebens und wissen es sich schön zu machen.

„Das Baby wird doch nicht geklaut!“

Ein weiterer Aspekt, den ich in dem Maß aus Deutschland nicht kannte, der aber die Lebensqualität vor Ort in Dänemark enorm steigert, ist das gegenseitige Vertrauen in der dänischen Bevölkerung. Sollte man einmal vergessen haben, das eigene Fahrrad abzuschließen, kann man sich ziemlich sicher sein, dass dieses am nächsten Morgen unversehrt an derselben Stelle steht. Noch mehr Vertrauen zeigen die Däninnen und Dänen, wenn sie ihren Kinderwagen samt schlafendem Baby (!) vor einem Café stehen lassen und derweil den Brunch im Café genießen. Richtig gelesen: Das Baby liegt draußen alleine im Kinderwagen und schläft, die Eltern sitzen drinnen und genießen das Essen. Eine dänische Dozentin aus Aarhus erwiderte auf das Erstaunen aller ERASMUS-Studierenden darüber belustigt: „Was soll passieren? Das Baby wird doch nicht geklaut!“ Und sie hat recht. Für die dänische Bevölkerung ist das absolut normal und es passiert tatsächlich nichts. Kaum vorstellbar in Deutschland. Das Sicherheitsgefühl in Aarhus ist wirklich enorm und trägt meiner Meinung nach einen großen Teil zum Glücklich- und Unbesorgtsein bei.

Mein Fazit

Ich möchte allen Studierenden ein ERASMUS-Semester ans Herz legen. Zwar kann die Organisation eines Auslandaufenthaltes anfangs abschrecken, aber es lohnt sich in jeglicher Hinsicht! Man erweitert währenddessen nicht nur seine akademischen Sichtweisen und kommt mit vielen internationalen Studierenden in Kontakt, sondern wächst auch ganz persönlich an den Aufgaben, die sich in einem fremden Land stellen. Darüber hinaus lernt man neue Kulturen und Lebensweisen kennen, die einem sonst womöglich verwehrt bleiben würden.

Allen Nicht-Studierenden empfehle ich einen Urlaub im wunderschönen Dänemark, insbesondere in Aarhus (zurecht die Kulturhauptstadt Europas 2017). Wir können uns definitiv noch was von unseren Nachbarn in Dänemark abschauen. Ein bisschen mehr Hygge und Vertrauen tut jeder Gesellschaft gut.